Cum-Ex-Steuergeldaffäre

 

Alles rund um den Untersuchungsausschuss der Bürgerschaft

Die Hamburger Privatbank Warburg profitierte von den illegalen Cum-Ex-Geschäften enorm: Zwischen 2007 und 2011 ließ sie sich 169 Millionen Euro vom Finanzamt erstatten – Steuern, die sie vorher nie zahlten. 47 Millionen davon hätte das Finanzamt 2016 zurückfordern können, tat es aber nicht. Olaf Scholz traf sich mehrmals mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius als man schon strafrechtlich gegen ihn ermittelte. Sicherte er ihm politischen Beistand zu? Welche Rolle spielte Peter Tschentscher als Chef der Finanzbehörde?

  • Seit Februar 2021 läuft der Ausschuss.
  • Er wurde durch ein Minderheitenrecht im Parlament, also mit 1/5 der Stimmen eingesetzt.
  • Es wurden bereits 70 Zeugen gehört.
  • Der PUA orientiert sich am Strafprozessrecht: Zeugen müssen erscheinen und dürfen nur dann die Aussage verweigern, wenn sie sich selbst damit belasten.
  • Bundeskanzler Scholz wird am 19. August 2022 nochmals verhört.

Mein Kollege Norbert Hackbusch und ich besprechen alle wichtigen Ereignisse aus dem Untersuchungsausschuss in unseren Videos.

Protagonist:innen

Christian Olearius

Zusammen mit Max Warburg Inhaber der Warburg Bank. Er führte 2016 und 2017 einen Verteidigungskampf, um die mit Cum-Ex-Geschäften geraubten Steuermillionen behalten zu dürfen. Unterstützt wurde er dabei von seinen beratern Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk (beide SPD). Diese rieten ihm, den direkten Kontakt zu Olaf Scholz zu suchen, was Olearius auch tat. Er schrieb in dieser Zeit Tagebuch und fertigte kurze Notizen nicht nur Gesprächen mti seinen Beratern, sondern auch zu den Kontakten mit Scholz und dem Verhalten der Finanzbeamtin P. an. Diese wurden in Auszügen in der Presse veröffentlicht.

Olaf Scholz

Zum Zeitpunkt der Hamburger Cum-Ex-Affäre war Olaf Scholz Erster Bürgermeister. Olearius suchte, u.a. auf Anraten von Kahrs ihn 2016 mehrfach das Gespräch mit ihm. Im Oktober 2016 wollte das Finanzamt für Großunternehmen die gerauten Steuern zurückfordern. Die Gespräche fanden Anfang November statt. Wenig später entschied die aufsichtsführende Finanzbehörde, das Geld nicht zurückzufordern. In einem der gespräche wurde Olaf Scholz von Christian Olearius ein Argumentationspapier der Bank überreicht. einem presseöffentlichen Tagebucheintrag des Olearius zufolge rietScholz ihm im Gespräch, das Papier „kommentarlos“ an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher weiterzureichen.

Peter Tschentscher

2016 und 2017 Finanzsenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Seine Behörde war dafür verantwortlich, dass 2016 u. 2017 aus damaliger Sicht die Steuerschuld der Warburg Bank in die Verjährung gehen sollte. Ihm wurde 2016 ein Argumentationspapier der Bank von Christian Olearius zugesandt. Dieses lag bei der zuständigen Sachbearbeiterin des Finanzamtes für Großunternehmen bereits vor, was aus dem Briefkopf des Papiers auch hervorging. Trotzdem reichte Finanzsenator Tschentscher die Argumentation der Bank nochmal „von oben“ in seine Behörde. Versehen mit einem handschriftlichen Vermerk und der Bitte über den weiteren Sachstand informiert zu werden. Der ehemalige Finanzsenator Peiner bezeichnete bereits diesen Schritt als eine politische Einflussnahme. Im Endeffekt lehnte es seine Behörde 2016 ab, geraubte Steuern zurückzufordern. 2017 musste sie vom Bundesministerium der Finanzen in einem einmaligen Vorgang angewiesen werden, geraubte Gelder zurückzufordern.

Frau P.

Finanzbeamtin und Abteilungsleiterin im Finanzamt für Großunternehmen. Sie verfasste im Oktober 2016 noch einen ausführlichen Vermerk, in dem sie die Notwendigkeit einer Rückforderung der geraubten Steuergelder begründete. Im November 2016 trug sie dann auf einer Sitzung mit der aufsichtsführenden Finanzbehörde selbst dazu bei, dass ihre Empfehlung gekippt und Steuern nicht zurückgefordert wurden. Medien berichteten, dass sie kurz nach der Sitzung im November, auf der die Entscheidung gefällt wurde, einer Freundin gegenüber von ihrem „teuflischen Plan“ berichtete. Presseöffentlich gewordene Auszüge aus dem Tagebuch von Christian Olearius deuten darauf hin, dass Frau P. zunehmend als Beraterin der Bank auftrat. Sie gab demnach auch den Ratschlag, dass die Entscheidung „von oben“ abgesichert werden müsse. In der Folge suchte Olearius das Gespräch mit Olaf Scholz.

Johannes Kahrs

2016 Bundestagsabgeordneter der SPD in Hamburg Mitte. Bekannt für seine sehr aktive Lobbyarbeit und das „System Kahrs“ im Bezirk Hamburg Mitte, einem System von Karrierenetzwerken und Begünstigung. Sein bezirk in Hamburg-Mitte war Recherchen von Correctiv zufolge deutschlandweit der SPD Bezirk mit dem höchsten Aufkommen von Firmenspenden.

2016 und 2017 agierte Johannes Kahrs als Beratervon Christian Olearius. Dessen presseöffentlich gewordenen Tagebuch zufolge wear es Kahrs, der ihm dazu riet, den direkten Kontakt zu Scholz zu suchen, um das gewünschte Ergebnis für die Bank zu erreichen. 2016 und 2017 spendete die Warburg Bank über 45.000 € an die Hamburger SPD. Ein relevanter Anteil davon ging direkt an den Bezirk von Kahrs. Den Tagebüchern zufolge hjat er sich mindestens eine Spende unverblümt erbeten.

2022 wurden in einem Bankschließfach von Kahrs 200.000 € in bar gefunden, deren Herkunft weiterhin ungeklärt ist.

Analysen

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