Am 23. Februar 2020 wird die Hamburger Bürgerschaft gewählt. Der Wahlkampf tritt also in die heiße Phase. Wir haben mit dem Landessprecher der Hamburger LINKEN über den Wahlkampf und linke Themen zur Bürgerschaftswahl gesprochen. Umfragen sehen die LINKE in Hamburg derzeit bei 10-13 Prozent.

Die LINKE steht in den Umfragen zur Bürgerschaftswahl in Hamburg sehr gut da und könnte möglicherweise drittstärkste Kraft werden. Wie kommt es dazu?

Ja, es stimmt, dass uns eine Umfrage von Radio Hamburg mit 13,6 Prozent als drittstärkste Kraft prognostiziert. Andere sehen uns knapp hinter der CDU. Die Umfragen machen natürlich Mut und sind Anzeichen dafür, dass unsere politische Arbeit honoriert wird und wir die richtigen Themen ansprechen. Umfragen sind allerdings noch keine Wahlergebnisse. Jetzt in der heißen Phase des Wahlkampfs geht es darum, unsere guten Forderungen kraftvoll in die Öffentlichkeit zu bringen und möglichst viele Menschen, die sich vorstellen könnten, DIE LINKE zu wählen, zu motivieren, dies auch zu tun.

Welche konkreten Initiativen habt ihr unternommen, um Druck auf die Regierung aufzubauen?

Wir haben in den letzten Jahren aus der Opposition wichtige Erfolge erzielt: Die Ausrichtung der Olympiade und die damit einhergehende neoliberale Umgestaltung der Stadt wurde per Volksentscheid verhindert, der Rückkauf der Energienetze, bereits vor Jahren erkämpft, wurde auf unseren Druck hin umgesetzt. Auch der Landesmindestlohn wäre ohne Druck von links wohl nicht eingeführt worden. Mit der Unterstützung der Volksinitiative „Gegen den Pflegenotstand im Krankenhaus“ haben wir die Missstände in der Pflege zum öffentlichen Thema gemacht. Eine wichtige Rolle haben wir zudem in der juristischen Aufarbeitung des G20-Gipfels gespielt. Ein von uns mehrfach beantragter NSU-Untersuchungsausschuss hingegen wurde von SPD und Grünen verhindert.

Leistbares Wohnen ist in Großstädten wie Hamburg aktuell die wichtigste soziale Frage. Wir setzen deshalb in unserem Wahlprogramm einen Schwerpunkt auf die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Als konkrete Maßnahmen fordern wir den sofortigen Stopp des Verkaufs von öffentlichem Grund und Boden und unterstützen auch die entsprechende Volksinitiative. Darüber hinaus setzen wir uns für die Einrichtung eines Mietendeckels, die Stärkung des öffentlichen sozialen Wohnungsbaus und Enteignungen großer Wohnungskonzerne ein, die Wohnungen als Spekulationsobjekte handeln und die Mieten in die Höhe treiben.

 

 

 

 

 

Bezahlbare Mieten für alle! Foto: DIE LINKE

Der rot-grüne Senat verfolgt derzeit eine Politik des „bauen, bauen, bauen“ und setzt auf den sogenannten „Drittelmix“, also auf private Investoren, die bei ihren Bauprojekten ein Drittel geförderte Wohnungen einplanen müssen. Weil diese, übrigens zeitlich begrenzte, Regelung unterlaufen wird, handelt es sich faktisch aber lediglich um ein Viertel geförderte Wohnen. Diese Politik geht komplett am Bedarf vorbei, entscheidend ist nämlich nicht nur, dass gebaut wird, sondern die Frage ist, ob dabei auch leistbare Wohnungen entstehen. 40 Prozent der Hamburger*innen haben Anspruch auf eine Sozialwohnung. Bereits an dieser Zahl kann man ablesen, dass ein „Drittelmix“, selbst wenn er eingehalten würde, nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken.

Die Hamburger SPD, wie auch die Grünen, gelten als rechter Flügel in ihren jeweiligen Parteien, macht sich das bemerkbar?

Es macht sich deutlich bemerkbar, dass Grüne und SPD in Hamburg jeweils den rechten Flügel ihrer Partei repräsentieren. Dies zeigt sich besonders dann, wenn die Positionen der Hamburger Parteien in Widerspruch zu Entwicklungen in anderen Bundesländern oder der Bundesebene stehen.

Die Grünen beispielsweise haben noch im Dezember einen Antrag der Linken auf Aufnahme von geflüchteten Kindern aus griechischen Flüchtlingslagern abgelehnt – zwei Tage, nachdem ihr eigener Parteichef Habeck im Bund einen entsprechenden Vorschlag gemacht hat. Inzwischen haben die Grünen – dem Wahlkampf sei dank – einem entsprechenden Antrag der LINKEN zugestimmt (die taz berichtete).

Die Hamburger SPD hält den Mietendeckel, der in Berlin mit sozialdemokratischer Beteiligung angegangen wird, weiterhin für sozialistisches Teufelszeug. Die neuen SPD Vorsitzenden Borjans und Esken und ihre vorsichtigen Versuche einer linken Erneuerung der SPD sind bei den konservativen Sozialdemokraten in Hamburg so unbeliebt, dass Borjans im November eine Veranstaltung mit Fabio de Masi in Hamburg auf Druck seiner Genossen hin kurzfristig absagen musste. Im Wahlkampf wurden er und Esken gar nicht erst eingeladen. Diese vehemente Ablehnung jeglicher Linksverschiebung, auch gegen den Bundestrend, ist schon bemerkenswert.

Ist unter solchen Bedingungen Rot-Rot-Grün vorstellbar oder schielen die beiden Parteien sowieso auf andere Koalitionen?

Wir haben bei der Verabschiedung unseres Programms zur Bürgerschaftswahl deutlich gemacht, dass DIE LINKE mit konkreten Forderungen zur Wahl antritt und diese umsetzen möchte. Wir haben allerdings auch gesagt, dass wir keine Illusionen über mögliche Koalitionen schüren dürfen. Solange SPD und Grüne eine soziale Wende für Hamburg ablehnen und sie an ihrer neoliberalen Politik festhalten, kommt eine gemeinsame Regierungskoalition nicht in Frage.

Die Vermutung, dass SPD und Grüne nicht zu einem grundsätzlichen Politikwechsel bereit sind, scheint sich derzeit zu bestätigen. In Hamburg findet ein medial inszeniertes Rennen zwischen SPD und Grünen um das Amt des Ersten Bürgermeisters statt. Inhaltlich ist es aber fast egal, ob die unsoziale Politik von rot-grün nun unter Fegebank oder Tschentscher fortgesetzt wird.

Sollte es mit einer gemeinsamen Regierung nicht klappen, haben sowohl SPD als auch Grüne sich bereits in Richtung einer Koalition unter Beteiligung der CDU orientiert. In Hamburg-Mitte wird das im Rahmen der „Deutschlandkoalition“ (SPD, CDU und FDP) schonmal vorexerziert, während das grün-schwarze Pilotprojekt in Eimsbüttel läuft.

Sollte sich an dieser Grundhaltung nichts ändern ist klar: Wer SPD und Grüne nach links ziehen und Druck aufbauen möchte für ein solidarisches Hamburg, muss DIE LINKE wählen. Die Farbenspiele von SPD und Grünen laufen letztlich alle auf eines hinaus: Ein neoliberales Weiter-So. Dagegen hilft nur Druck von LINKS!

Was wären eure Bedingungen für einen Eintritt in eine Koalition?

Wir haben für uns festgelegt, dass wir mit unseren konkreten Forderungen in den Wahlkampf gehen. Wenn es Angebote gibt, diese zu realisieren, werden wir das auch tun. Zu den Forderungen, die auf jeden Fall angegangen werden müssten, gehört insbesondere unser mietenpolitischer Dreischritt, der für viele Hamburger*innen erhebliche Verbesserungen bringen würde. Daneben gibt es in unserem Wahlprogramm eine ganze Reihe an Vorschlägen für Investitionen, soziale Projekten , kostenlosem HVV, ein Tarifvergabegesetz und wirksamen Klimaschutz, die wir angehen möchten.

Klar ist aber auch: Neben gemeinsamen Projekten müsste die neoliberale Kürzungspolitik beendet werden. Personalkürzungen im öffentlichen Dienst, Privatisierungen, Rüstungsexporte und Geschenke an die Reichen sind mit uns nicht zu machen. Ein wichtiger Schritt wäre auch die Abschaffung der Schuldenbremse.

Momentan ist allerdings nicht absehbar, dass SPD und Grüne auch nur ansatzweise auf diese Forderungen eingehen werden. Sie haben sich offensichtlich bereits auf eine Fortsetzung ihrer neoliberalen Politik festgelegt, sei es nun in einer rot-grünen Koalition oder zusammen mit CDU und FDP. Umso wichtiger ist es, DIE LINKE als soziale Kraft zu stärken, damit wir wirksamen Druck aus der Opposition aufbauen können. Hamburg liefert dafür mit seiner demokratischen Verfassung gute Voraussetzungen!

 

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